Samstag, 20. Juni 2015

Zeitspiel - das neue Magazin für Fußball-Zeitgeschichte ist da!

Einige mögen es schon mitbekommen haben, für andere wird es neu sein: Frank Willig (NordVier) und ich haben ein neues Fußballmagazin aus der Taufe gehoben. „Zeitspiel“ heißt und erhebt den Anspruch, ein „Magazin für Fußball-Zeitgeschichte“ zu sein.
 
Viermal im Jahr wird es erscheinen. 92 Seiten stark, komplett in Farbe. Und ja, Print! Von wegen „digitales Zeitalter“… Inhaltlich bieten wir Zeitreisen von der tiefsten Vergangenheit bis in die aktuelle Gegenwart, vom deutschen Fußball vor der Haustür bis in die entlegensten Randgebiete der Fußballwelt. Das Einzige, was wir weniger machen, ist eine Berichterstattung über die Fußball-Glamourwelt. Denn unser Fokus liegt auf dem Fußball als Fußball.
Das erste Heft ist ab sofort erhältlich. Da wir uns bei der Hefterstellung zunächst auf die inhaltliche Qualität konzentrieren und unsere Kräfte nicht in nervenraubenden Vertriebswegen verpulvern wollen gibt es Zeitspiel bis auf weiteres allerdings nur im Direktbezug und nicht im Zeitschriftenhandel. Das Einzelheft kostet 7,80 Euro, beim Abo werden 7 Euro pro Ausgabe fällig. Infos zum Bezug von Einzelheften und auch unseren diversen Abopaketen gibt es hier: http://www.zeitspiel-magazin.de/wir-fuer-euch-abo-und-bezug.
An Werbung interessierte Gewerbetreibende dürfen sich zudem gerne via anzeigen@zeitspiel-magazin.de über die günstigen Anzeigenpreise erkundigen.
Ansonsten freuen wir uns selbstverständlich über jedes „gefällt mir“ auf Facebook (www.facebook.com/zeitspielmagazin) und überhaupt jede Unterstützung bei der nun anstehenden reizvollen Aufgabe, die Fußball-Welt über „Zeitspiel“ zu informieren. Journalisten-Kolleginnen und Kollegen dürfen dabei gerne mit Berichterstattung in ihren Medien/über ihre Kanäle helfen, wobei Frank und ich als Gesprächspartner natürlich jederzeit zur Verfügung stehen.
Lasst uns gemeinsam mir der Zeit spielen! 


Dienstag, 17. März 2015

Insolvenzticker: Borussia Neunkirchen

Ex-Bundesligist Borussia Neunkirchen ist in eine schwere Führungs- und Finanzkrise geraten. Wie der Saarländische Rundfunk berichtete, fehlen dem Verein aktuell 100.000 Euro, um die laufende Saison beenden zu können. Das Geld müsse innerhalb der nächsten zwei Wochen zusammengebracht werden, so Aufsichtsratvorsitzender Joachim Weiersbach am Montagabend auf der Mitgliederversammlung des Klubs. Klappt das nicht, droht die Pleite.

Zudem sucht man nach einem neuen Vorstand, nachdem der bisherige Vorsitzende Guiseppe Ferraro am vergangenen Donnerstag zurücktrat. Der Unternehmer war finanziell stark bei der Borussia involviert. Inwieweit er sein Engagement fortsetzt ist noch offen. Ferraro wollte sich zudem um das marode Stadion Ellenfeld kümmern, das dem Verein wie ein finanziellerKlotz am Bein hängt. Die Borussia muss die kompletten Unterhaltungskosten des sanierungsbedürften Areals tragen, das sich in städtischer Hand befindet. Vorstandmitglied Horst Klein gegenüber "SR": „Wir sind nicht mehr lange in der Lage, hier weiterzuspielen.“

Die Fans des Klubs haben für das Heimspiel gegen Saar 05 Saarbrücken die Aktion "Alte Liebe lebt" aus der Taufe gehoben und wollen "1.000+X Zuschauer" ins Ellenfeldstadion locken. Anpfiff ist am Samstag um 14 Uhr. http://stahlwerknk.com/2015/03/15/alte-liebe-lebt-aktion-1000-x/

Weitere Links
Zum Rücktritt von Vorsitzender Ferraro:
http://www.sr-online.de/sronline/sport/sportwelt/borussia_neunkirchen_ferraro_ruecktritt100.html

Zur aktuellen finanziellen Situation
http://www.sr-online.de/sronline/sport/sportwelt/borussia_neunkirchen_drohende_pleite100.html

Zur Mitgliederversammlung
http://stahlwerknk.com/2015/03/17/die-lage-ist-ernst-mitgliederversammlung-16-03-15/

Donnerstag, 19. Februar 2015

Heute bin ich Bauer!


Heute bin ich Bauer. Mit Leib und Seele, mit vollem Herzen. Seit ich im April 1995 zum ersten Mal im Stade Roudourou von En Avant de Guingamp war (1:0 gegen Racing Lens) bin ich Guingampais. Oder auch „paysan“, „Bauer“, wie man in der ländl...ichen Region der Nordbretagne gerne mit gehörigem Stolz kundtut.

En Avant de Guingamp ist ein Klub, mit dem ich über viele Jahre wahrlich nicht in den Verdacht geriet, Erfolgsfan zu sein. Guingamp, dieses kleine Nest zwischen Rennes und Brest mit gerade mal 8.000 Einwohnern ist so ziemlich das Gegenteil von „hip“. Die Menschen dort immer ein bisschen wettergegerbt, ein wenig störrisch, ganz schön bretonisch. Wenn man im lokalen Carrefour einkauft, hört man häufiger bretonische Worte als französische.

Obwohl Guingamps Bahnhof und das Stade de Roudourou an entgegengesetzten Ecken der Stadt liegen, kann man die Distanz mit einem strammen Fußmarsch binnen zehn Minuten überwinden. Und passiert dabei das niedliche Zentrum mit seiner verkehrsberuhigten Rue Notre Dame. Überquert den Place du Centre, wo regelmäßig die Erfolge des örtlichen Fußballteams gefeiert werden. Auf den Bühnen, die dann dort schnell aufgestellt werden, standen schon Männer wie Didier Drogba, Stéphane Guivarc’h und Florent Malouda. Männer, die allesamt das schwarz-rote Jersey von En Avant de Guingamp getragen haben. Männer die ich bejubelt habe, bevor sie zu Stars wurden. En Avant hat mir als Fan unendlich viel geschenkt.

Doch meine Liebe zu En Avant Guingamp wurde auch regelmäßig auf harte Proben gestellt. Zum einen ist der Ort von Deutschland aus nicht leicht zu erreichen. Kein Billigflieger macht sich auf den Weg in die Nordbretagne. Zum anderen ist der Klub klein. Schlicht und einfach. So ein bisschen wie der SC Freiburg hierzulande. Da wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Da ist man froh, wenn man mal ein wenig am Erfolg nippen darf. Zweimal stieg ich auf in die erste Liga mit den Bretonen. War sowohl 2000 beim entscheidenden 0:0 gegen Lille vor Ort als auch 2013, als ein 1:0 über Ajaccio im Ausweichstadion Gueugnon erneut das Erstligator öffnete.

Feierte 2009 und 2014 jeweils den Pokalsieg mit den „Paysans“ in Paris. Beide Male durch Erfolge gegen den bretonischen Rivalen Stade Rennes. Unbezahlbar. Weinte aber auch mit meinen lieben Freunden von der Kop Rouge, als wir 2004 in Marseille aus der League 1 abstiegen und 2010 - nur ein Jahr nach dem sensationellen Pokalsieg – trotz Heimsieg über Ajaccio sogar in die 3. Liga mussten.

„Tous ensemble, toujours En Avant“, lautet das Motto des Klubs. „Alle zusammen, immer En Avant“. Ein Slogan, der in Guingamp wahrlich gelebt wird. Von den Menschen, vom Verein, von den Spielern, von den Fans. Jedes Jahr belegt das Publikum in Guingamp einen Spitzenplatz bei der Bewertung „bestes Publikum“. Wer in der Woche durch Guingamp marschiert sollte sich nicht wundern, den einen oder anderen Spieler im lokalen Fanshop anzutreffen. Im entspannten Schnack mit dem Personal. Guingamp ist eben Kleinstadt. Auch im Fußball. Und so schaffte man nach dem Sturz in die 3. Liga „tous ensemble“ auch die Wende. 2011 ging es zurück in die 2. und 2013 sogar in die 1. Liga. 2014 dann der erneute Pokalsieg.

Kann man mit einem „Dorfklub“ wie Guingamp noch mehr erreichen? Damals glaubte ich es nicht. Fürchtete stattdessen im Dezember 2014 nach einem 2:7 daheim gegen Nizza den erneuten Abstieg. Und nun das: heute Abend trifft En Avant de Guingamp im 16tel-Finale der Europa League auf Dynamo Kiew. Mal wieder ist das Stade Roudourou komplett ausverkauft. Über 16.000 Zuschauer werden die Einwohnerzahl verdoppeln. Ich bin leider nicht vor Ort, denn ich entschied mich früh, stattdessen das Rückspiel in Kiew zu besuchen. Heute in einer Woche findet es statt, und angesichts der Entwicklung in der Ukraine wird es ein ganz besonders aufregender Ausflug sein.

Heute Abend hocke ich also leider nur vor dem Computerbildschirm, wenn En Avant Guingamp ab 21 Uhr mal wieder bretonische – französische! - Fußballgeschichte schreibt. Der kleine Klub ist der letzte französische Vertreter in der Europa League. Die France Football hat ihm in ihrer aktuellen Ausgabe eine sechsseitige Reportage gewidmet. Die heutige L’Equipe macht mit der Schlagzeile „En avant, Guingamp!“ auf („Vorwärts, Guingamp“). Seit Tagen überschlägt sich meine Facebook-Timeline mit aufgeregten Botschaften befreundeter Guingamp-Fans und bretonischer Medien. Guingamp lebt heute Fußball, lebt En Avant, ist „tous ensemble, toujour En Avant“.

Was ist der Fußball doch für ein großartiges Geschenk! Allez Guingamp, les supporters sont là!

Donnerstag, 29. Januar 2015

ZEITSPIEL - bald geht es los!

Nur noch wenige Wochen, dann kommt die erste Ausgabe von Zeitspiel – Magazin für Fußball-Zeitgeschichte aus der Druckerpresse. Wir sind schon mächtig aufgeregt, was ihr wohl dazu sagen werdet.
 
Und werfen zugleich einen Blick in die Zukunft. Denn Zeitspiel auf die Welt zu bringen, ist für uns in doppelter Hinsicht spannend – in erster Linie natürlich inhaltlich, aber auch wirtschaftlich. Neben freundlichen Worten freuen wir uns daher schon jetzt auch über konkrete Heft-Order, um die erwähnte Druckerpresse auch tüchtig anwerfen zu können.
 
Wir haben daher mal ein paar unterschiedliche Abo-Pakete geschnürt – vielleicht ist ja ein interessantes dabei. Übrigens: Zeitspiel gibt es bis auf absehbare Zeit nur im Direktbezug und nicht im Zeitschriftenhandel, da wir uns zunächst auf die inhaltliche Qualität des Magazins konzentrieren wollen, statt Energie in den Strukturen geldabsorbierender Vertriebswege zu verpulvern.
 
Jahres-Abo: 4 Ausgaben für 32 Euro (inkl. Porto, wie alle Abos im Inland)
Förder-Abo: 4 Ausgaben für 40 Euro
Test-Abo: 2 Ausgaben für 16 Euro
Auslands-Abo: 4 Ausgaben für 32 oder 40 Euro (normales/Förderabo) plus Extra-Porto (bitte per E-Mail anfragen)
Geschenk-Abo: 4 Ausgaben für 32 Euro (selbst zahlen, jemand anderen lesen lassen; natürlich auch als „Förderabo“ möglich)
Einzelausgabe: 7,80 Euro plus Porto
 
Und so geht’s
Einfach E-Mail mit der gewünschten Bezugsart und den persönlichen Angaben (Name, Lieferadresse) an abo@zeitspiel-magazin.de senden. Wir bestätigen den Eingang mit warmen Worten und später mit interessanten Magazin-Seiten.
 
Abo-Bedingungen
  1. Ein Abo wird für vier Ausgaben abgeschlossen (Ausnahme Test-Abo). Bei der aktuellen vierteljährlichen Erscheinungsweise ergibt sich somit eine Laufzeit von einem Jahr. Bei einer Änderung der Erscheinungsweise bleibt der Anspruch auf vier Ausgaben unverändert.
  2. Keine Kündigung des Abos erforderlich: Nach Versand der vier Ausgaben melden wir uns automatisch per E-Mail und fragen an, ob eine Verlängerung gewünscht wird. Kündigungsfristen gibt es also nicht und können demnach auch nicht verschlafen werden. Beim Geschenk-Abo erhält der Beschenkte von uns ein Angebot zur Verlängerung.
  3. Persönliche Daten werden von uns selbstverständlich nicht an Dritte weitergegeben.

In der Premieren-Nummer, die Ende März erscheinen wird, geht es u.a. um folgendes:

Zeitspiel Schwerpunkt Überleben im Turbokapitalismus: Dritt- bis sechstklassige Fußballvereine im Spannungsfeld zwischen Profi(t)fußball, TV-Geldern, Insolvenzgefahr und einbrechenden Zuschauerzahlen.

Fußball-Legenden Borussia Fulda gestern, heute und morgen.

Global Game Tansania und sein Fußball.

Mottenkiste Fußball in Schlesien, Teil 1: Breslau …

Gästeblock MDCC-Arena Magdeburg. Newsticker aktuelle Entwicklungen im deutschen Fußball zwischen 3. Liga und den Landesligen. Kultklub US Pro Vercelli, Italien. Krisensitzung aktuelle Berichte über Klubs in der Krise („Insolvenzticker“). Fankurve Porträt Fanszene – lasst euch überraschen, welche es sein wird. Groundhoppers Dream Ziel wird nicht verraten. Was war da los? Spandauer SV. Around the Football World Kurzgeschichten aus der Fußball-Welt. Fußball-Panorama Stadion wird nicht verraten. Buchmacher Buchbesprechungen
 
Dazu kommen die Rubriken wie , Zeitreise, Shootingstar, Wappenstube, Eintagsfliege, Lokalrunde, Singing Area, Abstauber, Kultstätte, Hagen’s Collectors Corner, Alle Tassen im Schrank und Derbystimmung.

Neugierig? Dann gleich eine der oben aufgeführtebn Bezugsvarianten aussuchen und E-Mail an abo@zeitspiel-magazin.de abschicken!

Sonntag, 25. Januar 2015

Alle Tassen im Schrank? CA Huracán Buenos Aires

Mit dem Fußball ist es manchmal wie mit der Liebe. Aus einem Wust an Möglichkeiten sticht eine heraus, die einem den Kopf verdreht. Ehe man es versteht, ist es schon zu spät, ist man hoffnungslos verliebt.

So ging es mir kürzlich in Buenos Aires, als ich mich auf eine Expedition durch die lokale Fußballwelt machte und auf der siebten Station vor dem Estadio Tomás Adolfo Ducó stand. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Außenmauern des Areals wie eine Zeitreise in die frühen 1950er. Roter Backstein, ein mächtiger Turm, der in den Himmel der argentinischen Hauptstadt ragt, an der Silhouette des Stadions ebenso mächtig wie nüchtern die Worte „HURACAN“. Das alles in einem Umfeld, das nichts von der kühlen Überlegenheit von Rivers Monumental oder der kultigen Nachbarschaft von Bocas La Bombonera hat. Huracáns Spielstätte liegt inmitten des stinknormalen Alltags von Buenos Aires, und genau das ist es, was der Arena ihre Ausstrahlung verleiht. Hier ist der Fußball zuhause, nicht die Show!

Und wie in der Liebe – wo neben der Optik immer auch die Emotion wirkt – hatte ich Glück und traf im Eingangsbereich des Stadions einen Menschen, der mir nicht nur bereitwillig die Tore zum heiligen Grund öffnete, sondern mich auch noch freundlich Willkommen hieß. Und dann stand ich da, auf Spielplatzhöhe, fühlte mich so klein und so erhaben, angesichts dieser mächtigen Wälle voin Stehplatzrängen und zementierten Sitzplätzen, die mich umgaben, angesichts der Patina, die überall spürbar war, angesichts des warmen Gefühls, das mich durchflutete. Man nennt es auch Liebe.

Der Club Atlético Huracán ist nur einer von zahlreichen „großen“ Fußballvereinen Argentiniens bzw. Buenos Aires, und er steht deutlich im Schatten von Boca und River, den beiden überragenden Rivalen der Stadt bzw. des Landes. Wer sich für Huracán entscheidet, lebt entweder im Barrio Parque Patricios oder wird angezogen von einer Leidenschaft und Intensität, die selbst für Buenos Aires nicht selbstverständlich ist. Das verdankt Huracán einerseits seinem 1949 eröffneten Stadion, über das Argentinien-Experte Reinaldo Coddou in „Welthauptstadt des Fußballs“ schrieb „dieses traditionsreiche Stadion ist Buenos Aires pur. Die einzelnen Sektoren tragen die Namen von ehemaligen Spielern, Schriftstellern, Musikern, Tango-Dichtern und sogar den eines ehemaligen Boxers des Viertels“.

Andererseits sind es der ungewöhnliche Name und das noch ungewöhnlichere Logo, das den Klub so besonders macht. Huracán steht für „Hurrikan“, und das Klublogo stellt einen Heißluftballon dar, in dessen Mitte ein großes „H“ steht. Seit 1909 trägt Huracán dieses Wappen, was ihm den Beinamen „Globo“ („Ballon“) eingebracht hat und das zurückgeht auf jenen Heißluftballon, mit dem Argentiniens Flugpionier Jorge Newbery seinerzeit über gleich drei Länder flog und damit ganz Argentinien in Aufregung versetzte. Newbery war Mitglied des CA Huracán.

Drittes Bestandteil des Huracán-Mythos sind die Fans. „Los Quemeros“ – „die Verbrenner“ genannt, weil das Stadion einst direkt neben einer Müllverbrennungsanlage lag, gilt Huracáns Fanszene als kreativ, ein wenig linksgerichtet, ebenso leidenschaftlich wie treu – und auch ein bisschen gewalttätig.

Huracáns Geschichte strotzt vor Erfolgen und großen Namen. Guillerme Stabile, bei der WM 1930 Argentiniens gefürchtetster Angreifer und Torschützenkönig, lief einst für Huracán auf. Ebenso Alfrédo di Stefano, der 1946 für 24 Spiele von River Plate ausgeliehen wurde und elf Tore für „el Globo“ markierte. Die „goldenen Jahre“ des Klubs liegen allerdings weit zurück. Vor allem in den 1920ern war Huracán von Erfolg zu Erfolg geeilt und sich viermal die Meisterschaft gesichert. Mit Einführung des Profitums in Argentinien verpasste man bereits in den 1930ern ein wenig den Anschluss, zählte aber dennoch bis in die 1980er Jahre zur Stammbesetzung des argentinischen Fußballoberhauses (das in Wahrheit eine Großraum-Buenos-Aires-Liga war).

Obwohl Spieler wie Carlos Babington und Miguel Brindisi das schneeweiße Huracán-Jersey trugen, blieben die Erfolge lange aus. Erst als 1971 ein junger Trainer namens Luis César Menotti verpflichtet wurde, wendete sich das Blatt. Zwei Jahre später führte Menotti Huracán zum ersten Titelgewinn seit Einführung des Profitums. Zum Team, das damals das Torneo Metropolitano gewann, gehörten neben Babington und Brindisi auch René Houseman, Alfio Basile und Omar Larrosa. Im Folgejahr erreichten die Rot-Weißen sogar das Halbfinale in der Copa Libertadores, wo Uruguays Meister Peñarol Montevideo für das Aus sorgte. Inzwischen waren mit Osvaldo „Ossi“ Ardiles und Torsteher Héctor Baley zwei weitere spätere Nationalspieler aufgerückt.

Ein Jahrzehnt später waren Glanz und Gloria erneut verflogen, musste sich Huracán 1986 sogar erstmals in die Zweitklassigkeit verabschieden. Carlos Babington führte seinen früheren Klub 1990 ins Oberhaus zurück, wo Huracán 1994 unter seinem Nachfolger Héctor Cúper noch einmal Vizemeister wurde, ehe es 1999 abermals ins Unterhaus ging. Während der 2000er Jahre stand der Klub sogar mehrfach vor dem finanziellen Aus und blieb bis 2007 in der 2. Liga stecken. 2009 schienen Huracáns Hinchas endlich den Lohn für ihre lange Leidenszeit zu erhalten, als „el Globo“ kurz vor dem erneuten Titelgewinn stand, jenen aber mit einem 0:0 gegen Vélez Sársfield am letzten Spieltag verpasste. 2011 ging es abermals in die Zweitklassigkeit – inzwischen war übrigens Ex-Wattenscheid- und Schalke-Profi Carlos Babington Präsident des CA Huracán.

Seit 2014 scheint nun endlich wieder die Sonne über „el Globo“. Im November gelang zunächst ein Elfmeterschießensieg im Pokalfinale gegen Rosario Central, was dem Klub seinen ersten Titel nach 41 Jahren bescherte. Einen Monat später sorgte dann ein 4:1 über Atlético Tucuman zudem für die Rückkehr ins Oberhaus. Dort hofft man sich nun endlich wieder dauerhaft etablieren zu können. Und ich hoffe, demnächst mal wieder nach BA fliegen zu können, um meiner neuen Liebe zu begegnen. „Vamos los Quemeros, yo te vengo a ver…“! https://www.youtube.com/watch?v=dfJWGLw1Wjc

"Alle Tassen im Schrank" ist eine Serie auf der Facebook-Seite von "Zeitspiel, Magazin für Fußball-Zeitgeschichte" www.facebook.com/zeitspielmagazin

Sonntag, 18. Januar 2015

Alle Tassen im Schrank? Rot-Weis Essen

In diesem Jahr jährt sich der größte Erfolg eines Vereins, zu dessen größten Erfolgen gehört, dass er überhaupt noch existiert. Zigfach stand Rot-Weiss Essen, Deutscher Meister 1955, in den letzten Jahrzehnten vor dem Aus, doch wie eine Katze scheint auch RWE sieben Leben zu haben und nach jedem Rückschlag umso stärker zurückzukommen.

RWE, das ist Helmut Rahn, das ist das alte Georg-Melches-Stadion, das ist die Hafenstraße, und das ist vor allem eine Fanszene, wie es sie in Deutschland nur selten gibt. Unsagbar treu, unsagbar leidensfähig, unsagbar optimistisch, unsagbar engagiert. Und irgendwie vorbildlich, denn im Umland von Essen herrscht nur wahrlich kein Mangel an Fußballvereinen, die höherklassig spielen und schillernder daherkommen.

RWE, 2010 nach Insolvenz bis in die Fünftklassigkeit abgestürzt, kommt unterdessen mit dem grimmigen Image eines Arbeitervereins daher. Wer jemals die Hafenstraße hochmarschiert ist, weiß, wovon ich spreche. Und wer dies auch schon in den 1970ern oder 1980ern getan hat, weiß es umso mehr. Mich führte der Weg zu RWE erstmals 1981, als meine 05er in der 2. Bundesliga auf die Rot-Weissen trafen, für die damals – zumindest in meiner Erinnerung (ich hab es nicht nachgeschaut) - neben „Ente“ Lippens auch noch Frank Mill auflief. Eher ungerne erinnere ich mich in diesem Zusammenhang an jene ausgeprägte Gänsehaut, die man als Gastfan in Essen vermutlich bis heute bekommt. RWE ist eben nicht nur Kult und ein echter Traditionsstandort, die Hafenstraße ist für Anhänger der Gastmannschaft auch ein Ort der erhöhten Vorsicht.

Aber das gehört eben dazu, zum Mythos RWE. Heimstärke in doppeltem Sinne, und schließlich waren und sind seine Fans, die RWE immer wieder auf die Beine geholfen haben. 1994 zum Beispiel, als der DFB den Essenern zum zweiten Mal nach 1991 die Zweitligalizenz verweigerte, während der damit in die Drittklassigkeit verbannte Klub zugleich das Pokalfinale erreichte. Vor einer gewaltigen Schar mitgereister Anhänger gab es in Berlin zwar eine 1:3-Niederlage gegen Werder Bremen, doch RWE hatte Widerstand bewiesen und gezeigt, dass man wiederkehren würde.

1996 klappte die Rückkehr in Liga 2, doch statt sich dort zu etablieren, brachen für RWE endgültig turbulente Zeiten an. 1997 Abstieg in die Regionalliga, 1998 durchgereicht in die Oberliga, nebenbei ein paar Mal haarscharf an der Insolvenz vorbei und in einem Stadion auflaufend, das seit Ewigkeiten nur noch drei Tribünen aufwies und zwar eine Menge Atmosphäre besaß, mit modernem Fußball aber nicht mehr allzu viel zu tun hatte. 2004 gelang die umjubelte Rückkehr in Liga 2, wo der Klassenerhalt viel zu früh außer Sichtweite geriet.

Noch schlimmer das Szenario der Jahre 2006 bis 2008. Postwendend in die 2. Bundesliga zurückgekehrt, reichte es dort 2006/07 trotz großartiger Rückrunde abermals nicht zum Klassenerhalt, ehe die Rot-Weissen 2007/08 mit einer geradezu unfassbaren 0:1-Heimpleite gegen den feststehenden Absteiger VfB Lübeck am letzten Spieltag die bereits sicher geglaubte Qualifikation für die neue 3. Liga verspielten.

Am 4. Juni 2010 kam die Quittung. Insolvenzantrag, Absturz in die fünftklassige NRW-Liga. Immerhin, denn phasenweise hatte gar die Auflösung gedroht. Und das alles zu einem Zeitpunkt, als direkt neben dem altehrwürdigen Georg-Melches-Stadion eine hochmoderne Arena entstand, die RWE endlich wieder profifußballtaugliche Bedingungen bescheren sollte. Doch statt großer Namen kamen nun Klubs wie SV Schermbeck, FC Wegberg-Beck oder Westfalia Rhynern an die Hafenstraße. Wo man – typisch RWE – ausgerechnet in einer der düstersten Stunde der Klubgeschichte eine schillernde Wiedergeburt feierte. Zu verdanken war dies vor allem der unvergleichlichen Fanszene, die dem angeschlagenen Klub ein schillerndes Outfit verlieh, das nicht zuletzt die notwendigen Sponsoren anlockte. 2011 wurde die Insolvenz aufgehoben, kehrte der Klub in die Regionalliga zurück, nachdem er in der Fünftligasaison einen geradezu wahnwitzigen Zuschauerschnitt von 6.355 Zahlenden pro Spiel aufgestellt hatte. RWE lebte! Und wie!

Die Träume und Hoffnungen auf einen weiteren Aufstieg in die 3. Liga haben sich zwar bislang noch nicht erfüllt, doch in der laufenden Spielzeit läuft es bislang nach Plan. Gemeinsam mit Alemannia Aachen, noch so einer abgestürzten Größe, führt RWE zur Winterpause die Tabelle an. Das im Februar anstehende Duell der beiden Westrivalen ist schon jetzt ausverkauft und wird via TV landesweit übertragen. RWE ist eben mehr, als nur ein Fußballverein. RWE ist ein Mythos, eine westdeutsche Fußballgröße und einer der interessantesten Fußballvereine des Landes.

"Alle Tassen im Schrank" ist eine Serie des Fußball-Magazins "Zeitspiel": www.zeitspiel-magazin.de

Sonntag, 4. Januar 2015

Alle Tassen im Schrank? VfL Bückeburg

Guten Morgen allerseits. 2015 hat begonnen, und damit das Jahr, in dem ZEITSPIEL - Magazin für Fußball-Zeitgeschichte das Licht der Welt erblicken wird. Damit einher geht ein Verschmelzungsprozess des nordvier Fußballmagazin und des FußballGlobus von Hardy Grüne, auf dem u.a. seit längerem eine "Tassen-Like-Liga" läuft. Die hat nun nach der Rückkehr von Hardy Grüne aus Südamerika wieder ihren Betrieb aufgenommen und wird künftig auch an dieser Stelle erscheinen. Glückauf hinaus in die Welt!


Okay, ihr habt es so gewollt, hier kommt also die erste Tassengeschichte des Jahres 2015! Und damit zugleich ein fröhliches Glückauf an alle, mögen Eure Wünsche und auch der eine oder andere Traum in Erfüllung gehen, die Tabellen mit Euren Lieblingsklubs immer erfreulich ausschauen und überhaupt möglichst häufig die Sonne für Euch scheinen.

Ich selbst kämpfe nach meiner Rückkehr aus dem sommerlichen Buenos Aires/Montevideo noch ein klein wenig mit der klimatischen Akklimatisierung im winterlichen Südniedersachsen. Ähnlich wie mein Temperaturwechsel von deutlich über 30 Grad in Südamerika zu deutlich unter 0 Grad am Tag meiner Rückkehr ist auch der mit dem heutigen Tassenporträt verbundene atmosphärische Wechsel. Denn der VfL Bückeburg ist bezüglich seiner Historie, seines Stadions und seiner Fankultur um Lichtjahre von Buenos Aires und Montevideo entfernt. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen Verein, vor dem man seinen Hut ziehen kann und auch sollte.

Mehrfach war ich mit der Oberligaelf des RSV Göttingen 05 im Bückeburger Jahnstadion, wo zwar selten eine größere Kulisse anzutreffen war (und niemals eine zu erkennende Fangruppierung), in der aber stets eine sehr entspannte und angenehme Atmosphäre herrschte. Leckere Pommes gleich im Eingangsbereich, gepflegte Stehtraversen und ein insgesamt sehr entspannter Umgang mit unserer lauten und bunten Göttinger Fangruppe ließen die Reise ins Schaumburger Land immer zu einem entspannten Vergnügen werden. Leider mussten sich die Grün-Weißen im Sommer 2014 mal wieder aus der Fünftklassigkeit verabschieden und kämpften derzeit in der Landesliga Hannover um eine Renaissance.

Beim VfL Bückeburg handelt es sich um einen Großverein mit 18 Abteilungen, der quasi sämtliche sportliche Bedürfnisse der 20.000-Einwohner-Gemeinde rund 50 Kilometer westlich von Hannover abdeckt. Er geht zurück auf den 1912 gegründeten Ballspielverein Bückkeburg, der nach dem Zweiten Weltkrieg im Großverein TuS Bückeburg aufging, der sich seit 1947 VfL nennt. In Sachen Fußball gaben sich die Grün-Weißen über lange Zeit recht bescheiden. 1953 gelang der Aufstieg in den damaligen Oberliga-Nord-Unterbau Amateuroberliga Niedersachsen, in der sich der VfL für drei Spielzeiten halten konnte, ehe es im mehr oder weniger freien Fall bis hinunter in die 1. Kreisklasse ging.

Schon früh entdeckte der VfL die Vorteile gepflegter Jugendarbeit, und genau die steht bis heute im Zentrum der Vereinsarbeit. Auslöser war eine Finanzkrise in den 1970er Jahren, die die damalige Klubführung zur Konzentration auf die vereinseigenen Kräfte zwang. Unterstützt von einem bei der Gegnerschaft gefürchteten Kunstrasen ging es 1982 zurück in die Bezirksliga und 1984 gar in die Bezirksoberliga, die heutige Landesliga. Fünf Jahre später wurde im Bückeburger Jahnstadion der Niedersachsenpokal gefeiert und anschließend im DFB-Pokal die Braunschweiger Eintracht begrüßt, die sich bei ihrem 2:0 im (wegen des Kunstrasens) Ausweichquartier bei VfL-Rivale SV Obernkirchen reichlich mühen musste.

Über die damalige Landesliga West erreichten die Grün-Weißen 1994 die neugeschaffene Niedersachsenliga und sind seitdem mit Unterbrechungen im Landesoberhaus vertreten gewesen. Allerdings zumeist als Fahrstuhlmannschaft, die in den späten 2000er Jahren gleich viermal in Folge auf- und wieder abstieg. In Bückeburg sieht man das freilich nicht als Problem. Entscheidend ist die Nachwuchsarbeit, und da ist es zwar hilfreich, im Schlaglicht der Oberliga zu kicken, aber nicht notwendig. Und so fungierte der Klub in einer über Jahre von wirtschaftlichen Turbulenzen geplagten Oberliga als ruhender Pol und war einer der wenigen Verein in der niedersächsischen Fünftklassigkeit, von dem es quasi niemals wirtschaftlich Probleme oder Zahlungsschwierigkeiten zu vermelden gab.

Mit dieser lobenswerten Unaufgeregtheit wird es den Grün-Weißen mit ziemlicher Sicherheit auch eines Tages wieder gelingen, in die Oberliga zurückzukehren. Während die Bückeburger A-Jugend gegenwärtig in der Niedersachsenliga im Abstiegskampf steckt, liegt die Landesligaequipe der Grün-Weißen mit 33 Zählern bereits auf Position zwei und ist damit erster Verfolger von Spitzenreiter Heesseler SV, der auf 34 Punkte kommt.